Partisanenkrankenhäuser in Slowenien
„Die grundlegende Aufgabe der Partisanengesundheitstätigkeit ist, dem Verwundeten erste Hilfe zu leisten und ihn danach an einen sicheren und verborgenen Ort zu bringen.“
(Dr. Viktor Volčjak)
In den Jahren 1941–1945 wütete der Zweite Weltkrieg. Die Menschen im Europa und in der ganzen Welt haben sich im gemeinsamen Kampf gegen den Faschismus und Nationalismus verbunden, um wieder im Frieden leben zu können. Die Widerstandsbewegung entwickelte sich auch in Slowenien. Eine Besonderheit dieser Bewegung war der gut organisierte Gesundheitsdienst mit einer ganzen Reihe von geheimen Partisanenkrankenhäusern. Der Besatzer, von den Partisanen nicht als reguläres Militär anerkannt, tötete nämlich auch Verwundeten und Kranken. Um diese vor den Soldaten der Okkupationstruppen zu behüten, wurden Krankenhäuser in Wäldern, in unterirdischen Höhlen und an anderen schwer zugänglichen Orten errichtet. Der Grund für eine solche Entscheidung war die vielfältige Landschaftgestaltung Sloweniens, vor allem aber die massenhafte Nachhutorganisation. Diese war hilfreich dabei, die geheimen Krankenhäuser mit Lebensmitteln, Arzneimitteln und anderen Materialien zu versorgen. Bei der Errichtung der Krankenhäuser wurde darauf geachtet, dass sie möglichst an die Umgebung angepasst wurden, so dass sie auch aus der Entfernung von wenigen Schritten nicht zu bemerken waren. Die zahlreichen Sicherheitsmaßnahmen waren die stärkste und meistens auch die einzige Waffe der geheimen Partisanenkrankenhäuser. Nur dem Personal und ihren engsten Mitarbeitern, die meistens Einheimische waren, waren ihre genauen Standorte bekannt. Neben 244 Ärzten, 260 Medizinstudenten und 38 Krankenschwestern wurden die Verwundeten noch von rund 1000 angelernten Sanitätern und Sanitäterinnen (nach einigen Schätzung war diese Anzahl noch höher) umsorgt, die durch verschiedene Kurse und Sanitäterschulen für diese Arbeit ausgebildet wurden. In den ca. 120 geheimen Krankenhäusern wurden während des Kriegs über 15.000 Verwundete und Kranke in Behandlung. In der Kriegszeit stellten die Krankenhäuser einen hohen Grad der Toleranz und der Einhaltung des humanitären Völkerrechts dar. In der Region Primorsko wurde mit der Errichtung größerer Krankenhäuser erst nach der Kapitulation Italiens, im Herbst 1943, begonnen. Die bedeutendsten und gut organisiert waren die Krankenhäuser Pavla in Trnovski gozd und Franja in der Schlucht Pasice in der Region Cerkljansko.
Geheimes Krankenhaus
„Alles, was in der engen Schlucht Pasice zu Stande gebracht, gebaut, abgerissen und renoviert wurde, entstand nicht nur in einem Kopf und wurde nicht mit nur einem Paar Hände erledigt. Alle wirkten mit.“
(Dr. Viktor Volčjak)
Unter den geheimen Partisanenkrankenhäusern ist heute das Partisanenkrankenhaus Franja in der schwer zugänglichen Schlucht Pasice in Dolenji Novaki in der Region Cerkljansko, wahrscheinlich die bekannteste. Die ersten Verwundeten waren sonst auf dem nahegelegenen Bauernhof in Podnjivč in Behandlung. Als das zu gefährlich wurde, zeigte der Bauer Janez Peternelj dem Arzt Dr. Viktor Volčjak den Weg in die Schlucht Pasice. Bald danach wurde dort eine Baracke aufgestellt, die am 23. Dezember 1943 den ersten Verwundeten empfangen konnte. So wurde das Krankenhaus geboren, dem bereits während des Kriegs der Name Franja gegeben wurde, nach der Ärztin und Verwalterin Franja Bojc, die die Nachfolgerin von Dr. Volčjak war. Das Krankenhaus wurde die ganze Zeit, nach und nach, ausgebaut, so dass am Ende des Kriegs in der Schluchtsohle gleich 14 Holzbaracken mit verschiedenen Verwendungszwecken dicht aneinander standen. Das Holz für das Gerüst der ersten Baracken wurde an Ort und Stelle gefällt und ebendort auch zu Balken bearbeitet. Später schenkten das für den weiteren Bau erforderliche Holz die Bauern von den nahegelegenen Bauernhöfen. Im Sägewerk in Log wurde das Holz zersägt und dann mit dem Fuhrwerk oder auf den Schultern in die Bergschlucht gebracht. Einige Baracken waren nach dem System des Montagebaus in Cerkno gefertigt und in der Schlucht nur noch zusammengebaut. Neben der zentralen Abteilung in der Schlucht, die für Schwerverwundete und Schwerkranke bestimmt wurde, wurden auf dem Gebiet von Cerkljanski vrh bis Jelovica an verschiedenen Standorten noch zehn kleinere Abteilungen erbaut, die unter der Verwaltung der Zentrale standen: A, C, C1, Pokljuka 10, D1, D2, D3, Pokljuka, Š Stol I und Š Stol II.
Wie in den übrigen Krankenhäusern wurde auch im Krankenhaus Franja sehr darauf geachtet, nicht vom Feind entdeckt zu werden. Gerade deswegen führte der Hauptweg bis zum Krankenhaus auf dem Bach Čerinščica, der durch die Schlucht fließt. Auf dem letzten Teil des Weges, wo der Bach über kleinere Wasserfälle fällt, wurden provisorische Holzbrücken errichtet. Die erste davon, die zu den Steintreppen führt, war eine Zugbrücke. Die Verwundeten wurden vom Meldepunkt – dem nahegelegenen Bauernhof – ins Krankenhaus vorwiegend in der Nacht und mit verbundenen Augen getragen.
Es wurde allen geholfen
Während des Kriegs waren in der zentralen Abteilung des Krankenhauses rund 700 Verwundete und Kranke verschiedener Nationalitäten in Behandlung – neben Slowenen auch rund 100 Verwundete anderer Nationalitäten: hauptsächlich Italiener (43) und Angehörige verschiedener Nationalitäten aus der ehemaligen Sowjetunion (24) und dem ehemaligen Jugoslawien (rund 15) sowie einige Franzosen (9), Polen (2), Österreicher (2) und Amerikaner (2). Ungefähr 300 Kranke waren in externen Abteilungen in Behandlung. Sie kamen aus verschiedenen sozialen und kulturellen Umfeldern, doch waren sie durch ein gemeinsames Ziel verbunden – sich die Freiheit und den Frieden zu erkämpfen. Deswegen wurde die Behandlung im Krankenhaus keinem Verwundeten oder Kranken abgeschlagen.
Die Aufgaben der Ärzte, einschließlich der anspruchsvollen chirurgischen Eingriffe, wurden von Folgenden ausgeführt: Viktor Volčjak, Franja Bojc Bidovec, Vladislav Klein, Franc Podkoritnik – Očka, Edvard Pohar, Bogdan Brecelj und Franci Derganc. Der Letztgenannte war Chirurg im fliegenden chirurgischen Team des 9. Korpses, das vom September 1944 bis zum Ende des Kriegs tätig war. Die Operation erfolgte selten ohne Betäubung, meistens waren Äther, Pentothal und andere Arzneimittel verfügbar, es mangelte jedoch an Antibiotika, am Blut und Blutplasma. Dr. Franja spendete zweimal Blut den Verwundeten, obwohl im Krankenhaus keine Geräte für die Bestimmung der Blutgruppen gab. Improvisiert musste auch beim Desinfizieren der für die Operationen erforderlichen Wäsche und des Instrumentariums werden. Am Anfang wurden alle diese Gegenstände ausgekocht, gegen Ende des Jahres 1944 wurde trockenes Sterilisieren mit heißem Dampf eingeführt. Zu Sanitätern im Krankenhaus Franja wurden Menschen aus verschiedenen früheren Berufen: von der Schneiderin, dem Maler und der Hausfrau bis zum Holzarbeiter, Straßenbauer, usw. Für diese Aufgaben wurden sie durch die Arbeit selbst und im Rahmen von zwei Kursen ausgebildet. Insgesamt gab es in allen Abteilungen des Krankenhauses 25 Sanitäter und Hilfssanitäter. Nur die Hauptkrankenschwester Lidija Zlatoper absolvierte zwei Klassen der medizinischen Mittelschule. Neben dem medizinischen Personal hatten eine wichtige Rolle auch die Wächter – Träger der Verwundeten, das Personal in der Küche und die Mitglieder des übrigen Hilfspersonals. Manche von ihnen kamen als Patienten ins Krankenhaus und wurden nach der Gesundung ein Teil des Personals.
Die Versorgung mit Sanitätsmaterialien und Arzneimitteln wurde auf verschiedene Art und Weise organisiert. Sanitätsmaterialien und Arzneimittel wurden von den Feldorganisationen gesammelt und zugestellt. Durch geheime Verbindungen kamen die Arzneimittel sogar aus Mailand und aus Graz. Im März 1944 begannen auch die Alliierten Hilfspakete aus ihren Flugzeugen zu werfen.
Der Feind entdeckte das Krankenhaus nicht
„Mit der Aufstellung neuer Baracken und aufgrund einer immer größeren Anzahl von Verwundeten, die ins Krankenhaus kamen, wurden wir uns zunehmend dessen bewusst, dass auch den Sicherheitsmaßnahmen immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muss.“
(Ivan Goljat, militärischer Anführer)
Die Sicherheit der Partisanenkrankenhäuser basierte auf strengen Sicherheitsmaßnahmen. Auch im Krankenhaus Franja wurde der Erhaltung des Geheimnisses seines Standortes viel Aufmerksamkeit geschenkt (der Bach als Zugangsweg, mit Tarnmustern bemalte Baracken, Äste und Zweige auf Dächern, Zugbrücke, verbundene Augen der Verwundeten …). Zudem war Franja das einzige unter den geheimen Krankenhäusern, das für seine Verteidigung auch durch das Militär sorgte. Eingeführt wurden der Wach- und Aufklärungsdienst. Der Wachdienst war ununterbrochen, Tag und Nacht und der Aufklärungsdienst nur vom Morgen bis zum Abend aktiv. Die Aufklärer hatten ihre Beobachtungsstelle etwa 200 m über der Schlucht, auf einem Fels auf der rechten Seite des Baches. Interessant war die Art und Weise der Benachrichtigung, die die Aufklärer verwendeten. Die Nachricht wurde auf einen Zettel geschrieben, der Zettel mit einem kleineren Stein beschwert, in einen Verband gewickelt und von der Beobachtungsstelle auf den Hof neben dem Brunnen geworfen. Wer auch immer auf diese »Post« stieß, musste sie der Verwalterin oder dem Kommissar bringen. Ein Teil des Gebiets wurde mit einem Minenfeld abgesichert. Auf den beiden Abhängen der Schlucht wurden mehrere Abwehrbunker errichtet, die bei Gefahr von Partisanendreiergruppen – ein Maschinengewehrschütze mit zwei Helfern – besetzt wurden. Neben den Abwehrbunkern errichtete das Personal in der Schlucht auch drei Bunker, die als Schutzräume für Verwundeten dienten: der erste Bunker unter der Baracke für Verwundete wurde für die unbeweglichen Verwundeten bestimmt, die weiteren zwei befanden sich in den Schluchtwänden über den Baracken.
Die Schlucht wurde zweimal attackiert, doch der Feind entdeckte das Krankenhaus nicht. Die erste Attacke durch die deutsche Patrouille fand am 24. April 1944 statt. Die Verwundeten wurden evakuiert, doch wurde nach mehrmaligen Umzügen die Entscheidung getroffen, zurück in die Schlucht zu gehen. Die zweite Attacke, am 24. März 1945, wurde von den Kämpfern in den Abwehrbunkern abgewehrt. Die Verwundeten waren während der Attacke in den Schutzräumen versteckt.
Für die Freiheit, für den Frieden
„Das Brot für uns backten in den ersten Monaten die ganzen Nächte durch die Hausfrauen aus Podnjivč und später die Partisanenbäckerei in Cerkno. Insbesondere der Ökonom in Cerkno achtete darauf, dass das Krankenhaus die besten Fleischstücke, Lebern und Hirne erhielt. Insbesondere zu Weihnachten 1943 tat sich das Tal Vipavska dolina sehr hervor. Über 1500 Pakete brachten die Bauern bis Log.“
(Franja Bojc Bidovec)
Die Region Primorsko wurde nach dem Ersten Weltkrieg an Italien angeschlossen, wo sich in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts das faschistische Regime durchsetzte. Bei der Bevölkerung war das Regime verhasst, weil es auf verschiedene Arten ihre Rechte verletzte. Deswegen traten die Menschen während des Kriegs und insbesondere nach der Kapitulation Italiens massenhaft der Widerstandbewegung bei. Sie wählten eigene Behörden aus, die sogenannten Nationalfreiheitsausschüsse, die die Sorge für alle Lebensbereiche übernahmen. Ihre wichtigste Aufgabe jedoch war die Versorgung der Partisanenarmee und aller ihrer Einrichtungen.
Zu Beginn sorgte für die Versorgung des Partisanenkrankenhauses Franja mit Lebensmitteln der Nationalfreiheitsausschuss in Novaki. Über die Jugend- und Frauenorganisation wurden in der Region Cerkljansko Lebensmittel als freiwillige Beiträge und vorgeschriebene Abgaben für die Armee gesammelt. Später wurde in diese Tätigkeit auch der Nationalfreiheitsausschuss von Cerkno eingeschlossen. Im Jahr 1944 vergrößerte sich sowohl die Anzahl der Verwundeten als auch des Personals und Dr. Volčjak organisierte deswegen zusammen mit den Mitgliedern des Ökonoms des IX. Korpses einen Kanal für die Versorgung mit Lebensmitteln aus dem Tal Vipavska dolina. Zusammen mit den Lebensmittelpaketen kamen auch ermutigende Briefe, in denen die Sorge, Liebe und enge Verbindung der Leute aus der Region Primorsko mit der Partisanenarmee zum Ausdruck gebracht und damit den Verwundeten moralische Unterstützung geboten wurde. In diesem Sinne war auch das Kulturleben, das sich im Krankenhaus entwickelte, von großer Bedeutung. Das Personal war sich dessen bewusst, wie wichtig es für einen erfolgreichen Heilungsverlauf ist, dass die Verwundeten kein Kleinmut überkommt. Deswegen wurden für sie verschiedene politische und Allgemeinbildungsvorträge organisiert. Sie gaben sogar ihre eigene Zeitung mit dem Namen ‘‘Bolniški list‘‘ (Krankenblatt) aus. Von besonderer Bedeutung waren auch der Frauen- und Männerchor. Beliebt waren auch die häufig stattfindenden Meetings mit Schauspielen, Rezitationen und dem Gesang. Die in Begleitung von Harmonika oder Gitarre gesungenen Lieder riefen in den Kämpfern patriotische Emotionen und den Glauben hervor, dass die Freiheit und der Frieden sicherlich kommen werden.